Was macht eine Transition Initiative erfolgreich? Teil 1 Antworten aus der deutschen Transition Szene

Bild des/r Benutzers/in Gesa Maschkowski

Was macht eine Transition Initiative erfolgreich? Diese Frage stellte Shane Hughes, der für das britische Reconomyprojekt arbeitet, kürzlich auf der Plattform des Transition Research Network und trat damit eine spannende Diskussion los. Die Frage ist natürlich zentral für das Transition Netzwerk, aber auch für viele Wissenschaftler, die sich mit der Bewegung beschäftigen. Es gibt dazu bereits abgeschlossene Forschungsarbeiten aber auch zahlreiche Vorhaben, die diese Frage unter verschiedenen Blickrichtungen beleuchten. Ich möchte an dieser Stelle zuerst einen kleinen Einblick in die deutsche Szene geben, und das Thema dann später in anderen Beiträgen vertiefen.

Die erste Frage für mich ist, was versteht man überhaupt unter dem Erfolg einer Initiative? Ist es ein Erfolg, wenn die Mitglieder der Initiative einen niedrigen ökologischen Fussabdruck haben? Kann man erst von Erfolg sprechen, wenn ein Stadteil resilienter geworden ist? Und was bedeutet Resilienz in diesem Fall? Oder ist es schon ein Erfolg, wenn eine Transition Initiative überhaupt existiert, getragen von Bürgern, die sich in ihrer Freizeit, neben der Bewältigung der ganz normalen Lebensanforderungen, auch noch für den Gesellschaftswandel engagieren? Die Fragen zeigen: Erfolg hat viele Dimensionen und so vielfältig sind auch die Antworten.

Ich habe in unserer kleinen Befragung auf der letzten Transition Town Konferenz in Witzenhausen, unter anderem versucht, herauszufinden, was Transition-Aktivisten als Erfolg bezeichnen. Von den gut 110 Tagungsteilnehmern haben 44 den Fragebogen ausgefüllt. 28 Personen davon sind bereits in Transition Initiativen aktiv, sechs in anderen Organisationen. Die Antworten wurden mit Hilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse codiert und ausgewertet. Sie sind nicht representativ aber sie erlauben einen Einblick in die Aktivitäten und das Selbstverständnis der deutschen Akteure.

Frage 1 lautete : Was würdest du als Erfolg bezeichnen, worauf bist du stolz?

Die Antworten waren:

  • Konkrete Projekte, z. B. Veranstaltungen, Give-Box, Tausch- und Verschenkbörse, Gemeinschaftsgarten, Kooperationen mit Stadt und Behörden (n=13)

  • Menschen begeistern, z. B dass wir es schaffen, Menschen zu erreichen, Menschen zu begeistern, Zuversicht zu fördern, wir werden immer mehr (n=12)

  • Persönliche Lebensleistungen, z. B. mein Leben, Kinder, dass ich die bin, die ich bin, dass ich mich überhaupt traue, Impulse zu setzen und mich zu zeigen, mein innerer Wandel (n=6)

  • Gemeinschaft, z. B. wertschätzende Kommunikation, Aufbau der Gemeinschaft, Hilfe für andere Gruppen, Aufbau eines Netzwerks, tiefe Verbundenheit (n=5)

  • Die Initiative selbst: dass es uns (immer noch) gibt, Durchhalten trotz Hindernisse, die Gruppen am Laufen halten (n=4)

In diesen Antworten spiegeln sich die wichtigsten Zutaten der Transition Bewegung: die Verbindung von positiven Visionen mit konkreten Aktionen, die Bedeutung der Gemeinschaft, aber auch der eigenen inneren Haltung. Aus eigenem Erleben finde ich auch den Hinweis wichtig, dass es Mut braucht, sich zu zeigen und zu engagieren. Deutlich wird auch, dass tatsächlich allein die Existenz einer Initiative schon eine Leistung ist, auf die man stolz sein kann.

Frage 2: Was hat dich dabei unterstützt, erfolgreich zu sein?

Die Antworten waren:

  • Andere Menschen und gute Gruppenprozesse, z. B. Freundschaft, Hilfe, Inspiration durch andere Menschen, Familie, Freunde, WG, ihre Kreativität, das positive Feedback, gute Gruppenprozesse, Motivation, Wertschätzung, Solidarität, kontinuierliche Lernprozesse (n= 21)

  • Bewusstsein, z. B. innerer Weg, innere Einkehr, ganzheitliches, kooperatives Denken, Vison, der Wunsch anders zu Leben, Krise (n=9)

  • Methoden und Fähigkeiten, z. B. Fortbildungen, Seminare, Transition-Training, Permakultur, Tiefenökologie, Veranstaltungen, Kommunikationsfähigkeiten (n=9)

  • Ressourcen, z. B. Zeit, Ferien, Kraft, Geld (n=5)

  • Handeln, z. B. machen statt fordern, konkrete, überschaubare Projekte (n=3)

  • Einstellungen, z. B. Trotz, Geduld, Beharrlichkeit (n=3)

  • Kreativität, z. B. Musik, Theater (n=2)

Auch in diesen Antworten zeigen sich wichtige Elemente der Transition Bewegung. Auffällig ist, wie häufig andere Menschen und gute Gruppenprozesse als Kraftquelle und Erfolgsfaktor genannt werden. Hier zeigt sich die Stärke und gleichzeitig die Zerbrechlichkeit der Bewegung. Starke und handlungsfähige Gruppen können gemeinsam Unternehmen gründen, solidarische Landwirtschaften aufbauen, Solaranlagen betreiben, öffentlichen Nahverkehr organisieren oder Impulsgeber für de U mgestaltung der W irtschaft in einer ganzen Region sein, wie im Falle des britischen Reconomy-Projekts . Intentionale Gemeinschaften in Ökodörfern haben bei gutem Lebensstandard einen ökologischen Fussabdruck, von dem westliche Gesellschaften nur träumen können. So ganz überraschend ist es nicht, dass Menschen in Gruppen mehr erreichen können als Einzelpersonen: Der Psychologe Kurt Levin hat 1948 schon festgestellt, dass es Menschen leichter fällt, ihr Essverhalten zu ändern, wenn sie die Themen in einer Gruppe diskutieren können und eigene Entscheidungen treffen, als wenn man ihnen Informationen, Ratschläge und Rezepte verabreicht. Erstaunlich wenig findet sich von diesen Erkenntnissen bis heute in der staatlichen Energiewendepolitik. Kosha Joubert , Präsidentin des Global Ecovillage Network hat das kürzlich so formuliert:

We believe that the good intentions and creativity of citizens, and their willingness to make a difference, is one of the most underutilized resources we have today. The power of communities to come together and design their own pathway into the future can be a major driving force for positive change.

Hier gibt es offensichtlich einen Rohstoff, den es mit der richtigen Förderung und Know How noch zu bergen gilt.

Gruppenzugehörigkeit: 

Kommentare

Bild des/r Benutzers/in Petra

Danke für diesen sehr interessanten Beitrag und die Arbeit, die Ihr in Erstellung und Auswertung der Fragebögen gesteckt habt!

Bild des/r Benutzers/in Ruth Habermehl

Liebe Gesa,

das passt sehr gut zu dem, was Rob gestern in Berlin erzählt hat. er bezeichnete die Transitionbewegung als sozialen Klebstoff von Organisationen/Aktivitäten, der letztendlich auch die Politiker dazu ermutigen wird, entsprechende Entscheidungen zu treffen.