Analyse der Transition Town Bewegung aus Volkswirtschaftlicher Perspektive

Bild des/r Benutzers/in Gesa Maschkowski

Liebe Alle,

hier kommt eine Anfrage von Hannah, die für ihrere Bachelor-Arbeit die Transition Bewegung aus volkswirtschaftlicher Sicht untersuchen möchte und mein Antwortversuch:

Sie schreibt: "I ch muss vor allem Kriterien wie : Wohlstandssteigerung, Arbeistlosigkeitssenkung, Einkommensverteilung (in welchem Maße erhöht sich welches Einkommen von wem?), Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung, Gesellschaftliche Effizienz, Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse, Externe Effekte, Verteilungsgerechtigkeit und durchsetbarkeit im System bzw. Hindernisse vom herrschenden System analysieren. Ich habe bis jetzt bei meiner Recherche nicht wirklich viel Zahlen oder empirische Fakten gefunden. Ich wollte sie fragen, ob sie in ihrem Forschungsnetzwerk vielleicht solche Daten gesammelt haben oder wissen, wo man welche findet. Bis jetzt kann diese Kriterien ich nur aufgrund der Literatur und Theorie der Transition Bewegung beantworten. Ich müsste natürlich eigentlich wissen, ob die gesagten und erhofften Dinge auch wirklich umgesetzt werden, bzw. sich umsetzen lassen. Das heißt wie viel Energie und CO2 konnten Transition Towns bis jetzt reduzieren? Hat sich in den Gemeinden das Einkommen wirklich gleicher verteilt? Wurde in den Initiativen insgesamt die Arbeitslosigkeit gesenkt? usw. Gibt es solche Daten überhaupt, in denen versucht wird die Umsetzung und Veränderungen in Transition Towns weltweit abzuschätzen? Oder haben sie zu diesen Kriterien Daten von einzelnen Initiativen? Ich würde mich sehr freuen, falls sie mir weiterhelfen könnten!"

Liebe Hannah,

darauf gibt es mindestens eine kurze Antwort und eine längere.

Die kurze Antwort lautet:

Diese Daten gibt es noch nicht auf überegionaler Ebene, das wäre mindestens ein EU-Projekt, sie zu erheben. Bislang gibt es nur Evaluationen zu einzelnen Projekten, z. B: Reduktion des CO2-Fußabdruck durch das Projekt Transition Streets, den Bericht findest du hier http://www.transitionstreets.org.uk/

Weitere Anhaltspunkte findest du zum Beispiel in einem Zwischenbericht der Transition Town Initiative Totnes http://transitionculture.org/2010/11/23/new-report-so-what-does-transition-town-totnes-actually-do/

Und das wäre meine längere Antwort :

Wie man am Vierjahresbericht aus Totnes sehen kann, reichen die Ziele der Transition Town Bewegung viel weiter, als nur den eigenen Fußabdruck zu verkleinern. Das Arbeit der Initiativen besteht im Wesentlichen aus den diesen Elementen

- positive Zukunftsvision(en) entwickeln

- gute, gemeinschaftliche Formen der Zusammenarbeit entwickeln

- Netzwerken mit anderen Organisationen, der Stadt, der Wirtschaft, der Politik

- Bewusstseinsarbeit in der Bevölkerung

- konkrete, praktische Projekte

- Feiern und Evaluieren

Das Ganze tun die Initiativen überwiegend in ihrer Freizeit mit keinem oder sehr geringen Budget. Wenn wir also mal davon ausgehen, eine Kerngruppe mit 8 Personen trifft sich jede Woche einmal ca. 4 Stunden, dann sind das im Jahr 208 Stunden entspricht etwa 5 vollen Arbeitswochen. In diesem 5 Wochen müssen 8 Leute

- sie sich kennenlernen  und ein Team werden

- gemeinsam Visionen und Projektideen entwickeln

- diese Planen und

- schließlich durchführen, das Feiern nicht zu vergessen

also bleiben gut  1-2 Wochen für die rein praktische Arbeit mit praktisch 0 Budget. In der Zeit kann man schon ein paar kleinere Projekte stemmen, aber es wird auch sehr deutlich, dass die Wirkung eine Transition Initiative als solche auf die Verteilungsgerechtigkeit oder die Wohlstandssteigerung in einer ganzen Stadt nur marginal sein kann.

Bei dieser Fragestellung müsste man außerdem berücksichtigen, dass "Transition Towns" keine Enklaven sind wie Ökodörfer, sie versuchen Netzwerke und Allianzen zu bilden.  So ist unter anderem der 1. Energiewende Plan für Kinsale enstanden. Hier wurden für 7 verschiedene Sektoren, von Gesundheit bis zum Verkehr, Zielkriterien entwickelt auf Basis einer postfossilen Zukunftsvision. Bei diesem Prozess wurden die Bürger und die Stadtverwaltung mit einbezogen. Wenn man den Berichten glauben darf, dann orientiert sich die Stadt Kinsale heute noch an dem Energiewendeplan von 2005. Man müsste nun also die Nachhaltigkeits- und Sozialberichterstattung der Stadt Kinsale untersuchen und dann aber wäre immer noch nicht klar, ob das der Erfolg der Transition Town Initiative ist oder der Stadt, die vorausschauend denkt und offen ist für Partizipation.

Zurück zu deiner Bachelorarbeit: Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass du mit deiner volkswirtschaftlichen Brille die Ziele oder auch Erfolgskriterien von bestimmten Transition Projekten untersuchst und diskutierst. Es gibt zum Beispiel in der Doktorarbeit von Rob Hopkins den Versuch Kriterien für die Resilienz einer Stadt aufzulisten. Eine anderes, sehr prominentes Projekt ist das Reconomy-Projekt. Hier gibt es mittlerweile mehrere Projektberichte, die die Grundlage bilden sollen für die Regionalisierung und Re-Lokalisierung der Wirtschaft in einer Region. Viel spannender Stoff zum durchlesen!

So, jetzt bin ich gespannt, was du draus machst, ich wünsche Dir viel Glück und freu mich wieder von dir zu hören,

Gesa

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Kommentare

Bild des/r Benutzers/in Sathya

Hallo Gesa, lies doch mal "319-ein inkorrumpierbares Finanzsystem" Da steht einiges drin, was dich interessiert, Zusammenhänge, Zahlen und auch ein paar gute Kommenatre zu Zuverlässigkeit der Zahlen überhaupt. Weitere angesprochene Themn sind:  Wohlstandssteigerung, Arbeistlosigkeitssenkung, Einkommensverteilung (in welchem Maße erhöht sich welches Einkommen von wem?), Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung, Gesellschaftliche Effizienz, Gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse, Externe Effekte, Verteilungsgerechtigkeit und durchsetbarkeit im System. Also alle? Ja ich glaube schon. Meld dich auch gerne bei mir, dann können wir mal diskutieren. 0721 6051497

Bild des/r Benutzers/in Dominik Reusser

Liebe Hannah, liebe Gesa,ich stimme mit der Antwort von Gesa überein. Entsprechende Daten zu erheben ist Ziel des Forschungsprojektes TESS ( www.pik-potsdam.de/tess ), dass seit Dezember läuft und für drei Jahre finanziert wird. Wird sind gerade dabei, bestehende Arbeiten zu sichten und zu vergleichen.Wir teilen die Kriterien auf in eher messbare Kriterien, für die sich Indikatoren entwickeln lassen (Ökonomischer Einfluss, Umweltfussabdruck, ...) und eher weiche Kriterien (interne Erfolgsfaktoren und Rahmenbedingungen).Bestimmt spannend für diese Fragestellung ist das folgende Projekt: http://www.geog.ox.ac.uk/research/technologies/projects/mesc/ In den Berichten sind einige Beispiele genannt. Ohne selbst genau nachgelesen zu haben, erwarte ich da konkrete Daten. Einige davon hat Gea auch schon erwähnt.Gerne können wir uns auch mal Unterhalten.LGDominik